„Ahnungslos und nach Gutsherrenart“
NABU kritisiert Umweltbetrieb in Nord



Amerikanischer Amberbaum - Foto: Helge May
(Bremen, den 18.11.21) Mit Verärgerung stellt der NABU fest, dass für den Umweltbetrieb der eigene Geschmack wichtiger als das Votum eines gewählten Beirats ist. Der NABU hatte bemängelt, dass die geplanten nordamerikanischen Amberbäume auf der Bahrsplate in Blumenthal keinen Beitrag zum Artenschutz leisten. Nun verteidigt der Umweltbetrieb die Pflanzung mit hanebüchenen Argumenten, der NABU hält dagegen.
Amberbäume auf der Bahrsplate weiter in der Kritik
„Der Umweltbetrieb präsentiert sich mal wieder als würdiger Nachfolger des hochherrschaftlichen Gartenbauamtes“, spottet NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, „der Beirat interessiert die nicht. Ich nenne sowas Gutsherrenart.“ Der Beirat Blumenthal war den NABU-Argumenten gefolgt und hatte sich sinnvollere Bäume gewünscht. Da amerikanische Amberbäume keinerlei Verwandtschaft in Europa haben, sei es unwahrscheinlich, dass nennenswert Insekten von ihm profitieren.
Als „erschreckend ahnungslos“ empfindet Hofmann die Äußerung des Leiters des Umweltbetriebs, dass Amberbäume Vogelnährgehölze und Insekten und Vögel auf unterschiedliche Gehölze spezialisiert seien. „Wenn Herr Wittkop das wirklich gesagt hat, offenbart er sich nicht gerade als versierter Ökologe“, kritisiert der gelernte Förster Hofmann, „Discounter verhökern ihren Kirschlorbeer auch gerne als Vogelschutzgehölz, was Quatsch ist.“
Auf einheimische Gehölze haben sich die hiesigen Vögel, Säuger und Insekten im Laufe zehntausender Jahre angepasst. Exoten sind dagegen als Nahrung oft nicht nutzbar. „Es greift zu kurz, ein Gehölz nur nach seiner Blüte oder seinen Früchten zu beurteilen“, erklärt der NABU, „chinesischer Schmetterlingsflieder bietet zwar viel Nektar, aber keine hiesige Raupe frisst an ihm und ohne Raupen keine Schmetterlinge.“ Die Beziehungsgeflechte der Ökosysteme seien immer noch kaum erforscht, da verbieten sich Experimente selbst unter dem Deckmantel des Klimawandels.
Totholzvernichtung in Pellens Park
Es sei ein Irrweg, auf vermeintlich dürrefeste Gehölze aus fernen Ländern zu setzen. „Es gibt genug Beispiele für exotische Modegehölze, die aber so richtig in die Hose gegangen sind“, betont der Forstingenieur. Von Weymouthskiefern und dem Blasenrost-Pilz über invasive Traubenkirschen bis zum wuchernden Götterbaum haben unbedacht gepflanzte Exoten vielfach mehr Probleme mit sich gebracht, als sie lösen sollten.
„Angesichts des rasanten Artensterbens muss auch der Umweltbetrieb seinen Beitrag zum Arterhalt leisten und da sieht es in Bremen-Nord wirklich erbärmlich aus“, ärgert sich Sönke Hofmann. Neben der Uneinsichtigkeit bei den Amberbäumen stört den Naturschützer das rigorose Abräumen in Pellens Park. „Da sind noch die knöcheltiefen Fahrspuren des schweren Geräts zu sehen, mit dem eine uralte, umgestürzte Buche bis auf den letzten Zweig sinnlos abgeräumt wurde.“
Dabei sei Totholz einer der artenreichsten und wichtigsten Lebensräume im Ökosystem Wald. „Totholz speichert auch enorme Mengen Wasser, das ist als Klimaanpassung besser als mit Steppenbäumen herumzuspielen“, so Hofmann. Der Naturschützer will sich über den Naturschutzbeirat für glasklare Naturschutzvorgaben für den Umweltbetrieb einsetzen. „Das geht offensichtlich nur über Druck, Einsehen ist da keins erkennbar.“
NABU fordert Exotenverbot im öffentlichen Grün
Amberbäume auf der Bahrsplate sind ein Unding
(Bremen, den 1.10.21) Mit Unverständnis und Verärgerung reagiert der NABU auf die Pläne des Umweltbetriebs, auf der Bahrsplate Amerikanische Amberbäume zu pflanzen. In Zeiten des Artenschwundes sollten Exoten, wenn überhaupt, nur auf Extremstandorten ohne andere Möglichkeiten gepflanzt werden, fordern die Naturschützer. Eine große Grünfläche wie die Bahrsplate dürfe nicht vom Modegeschmack einiger Gärtner ökologisch entwertet werden.
„Seit über 14 Jahren stellen die Grünen in Bremen den Umweltsenator, als einziges Bundesland haben wir immer noch keine Biodiversitätsstrategie und der städtische Umweltbetrieb pflanzt fröhlich weiter für Insekten minderwertige Exoten“, ärgert sich NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, „wir müssen ein striktes Verbot solcher reinen Ziersträucher im öffentlichen Grün erreichen, die Stadt hat eine Vorbildfunktion.“
Immer wieder weist der NABU auf den Zusammenhang von einheimischen Arten und Insektenvielfalt hin, doch die Sortenkriterien des Umweltbetriebs beschränke sich auf die Optik. Und das, obwohl auch der Umweltbetrieb nach internen Vorgaben ökologischer Vielfalt verpflichtet sei. „Wir sind es leid, dass uns enge Straßen als Zwangsstandorte für Halbwüstenpflanzen verkauft werden und dann in weiten Grünanlagen der gleiche Mist auch gepflanzt wird“, kritisiert der gelernte Förster Hofmann.
Dabei gehe es nicht nur um Blüten und Nektar für Bienen, die ganze Pflanze würde bei ökologisch hochwertigen Arten Lebensraum und Nahrung bieten. „Wenn ich unsere Weidensträucher nehme, dann habe ich Futter für hundert Arten verschiedener Schmetterlingsraupen. An den Blüten des chinesischen Schmetterlingsflieders saugen zwar einige der fertigen Falter, aber keine Raupe frisst ihn bei uns“, erklärt der Naturschützer das Dilemma, denn ohne Raupen gäbe es auch keine Schmetterlinge.
„In Mitteleuropa gibt es noch nicht einmal nähere Verwandte des Amberbaumes, weshalb unsere Insektenwelt keine Vorerfahrungen mit halbwegs ähnlichen Pflanzen hat. Wenn, dann gehen da nur ein paar hartgesottene Allerweltsarten dran“, befürchtet Sönke Hofmann. „Immerhin“, so der NABU, sollen auch Kornelkirschen und Bastard-Mehlbeeren auf die Bahrsplate gepflanzt werden. Die seien zwar auch nicht gebietseigen und dürften nach Bundesnaturschutzgesetz nicht in die freie Landschaft gesetzt werden. Aber in Süddeutschland kämen sie als Wildformen mit allen Vorteilen für die Insektenwelt vor.