„Ungenutzt bleibt ungestutzt“
Zuviel Rasenmähen schadet


(Bremen, den 30.05.21) Am ersten warmen Wochenende der Saison hieß es in Deutschlands Gärten wieder „Im Gleichschnitt marsch!“. Sämtliche erreichbaren Rasenstücke sind nun auf kurz getrimmt, zum Leidwesen der Insektenwelt. Für oft genutzte Spielrasen sei das der richtige Ansatz, für alle wenig belaufenen Bereiche aber unnötig und schädlich für das Ökosystem Garten, mahnt der NABU. Die Naturschützer rufen dazu auf, den Rasen lieber nach dem Motto „Ungenutzt bleibt ungestutzt“ zu behandeln.
„Man glaubt gar nicht, wieviel Einfluss der Rasenmäher auf die Zusammensetzung der Pflanzen und damit auch der Tierarten hat“, betont NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, „häufiges Mähen halten nur wenige Arten gut aus, damit produziert man grünes Einerlei.“ Wer dagegen einige Ecken auch mal kniehoch werden lässt und dann abschnittsweise mäht, gibt vielen Insekten eine Chance und spart dazu auch noch Arbeit.
„Lange Halme bekommen die meisten Rasenmäher auch dann noch gut gemäht, wenn man mit höchstem Bodenabstand sehr langsam schiebt und vor allem nur bei trockenem Wetter mäht“, weiß Hofmann aus Erfahrung. Dann bleiben Gänseblümchen, Hahnenfuß, Kriechender Günsel und Gundermann erhalten und blühen dankbar in weiß, gelb und blau. Längere Arten wie Margeriten, Fingerhut oder Königskerzen müssen jedoch ausgemäht werden.
Mähen beeinflusst Artenzusammensetzung
„Ganz aufs Mähen zu verzichten führt erstaunlich schnell zur Sukzession über Stauden und Büsche zu Bäumen“, erklärt der gelernte Förster. Mit einer jährlich einmaligen Mahd werde das verhindert, doch nur langhalmige Arten setzen sich dabei durch. Mehr Vielfalt sei mit einem zweimaligen Schnitt zu erreichen. „Ideal ist es, wenn man dazu noch über den Winter die langen Halme stehen lässt, darin überwintern bemerkenswert viele Insektenlarven.“
Auch die beliebten Gaben von Mineraldünger und Kalk sollten sich Naturgärtner sparen. „Das macht das Gras zwar knallgrün, aber es schiesst auch enorm in die Länge“, warnt Hofmann. Über den Regen komme ohnehin Stickstoff auf die Fläche und wer weniger mäht, räumt auch weniger Nährstoffe über die Pflanzen ab. „Überdüngte Biotope haben wir zuhauf, ärmere Standorte sind viel spannender und vielfältiger.“
Sense als Goldstandard
Soll dennoch flächig gemäht werden, gibt es einfache Regeln für mehr Naturschutz, so der NABU: „Anstrengender ‘Goldstandard‘ ist, mit der Hand zu sensen und das Mähgut einige Tage liegen zu lassen. Das gibt den Tieren eine Chance zur Flucht und den Pflanzen die Möglichkeit auszusamen.“ Wird der Motormäher angeworfen gilt: Je kleiner die Abschnitte sind, die auf einmal gemäht werden, umso schonender für die Tiere. Dazu sollte unbedingt von Innen nach Außen gemäht werden, damit Frösche, Igel und Blindschleichen nicht eingekesselt werden.
Für die modernen rasenmähenden Roboter hat der engagierte Naturfreund Hofmann nur Verachtung übrig: „Diese überflüssigen Geräte mähen jeglichen Lebensraum zu Tode und sind auch noch für Igel und Amphibien eine tödliche Gefahr. Wenn ich zu faul zum Mähen bin, kann ich‘s doch lieber wild wachsen lassen.“ Wer seinen Garten als Biotop derart mutwillig entwerte, habe jeden Kontakt zur Natur verloren.
ab Freitag mitzählen beim „Insektensommer“
Wer den Insekten noch weiter helfen will, kann sich an der Aktion „Insektensommer“ beteiligen. Ab Freitag, den 4. Juni bis Sonntag, den 13. Juni soll dazu eine Stunde lang die Insektenwelt am Lieblingsort beobachtet und gezählt werden. Weitere Infos zu der Aktion gibt es unter www.Insektensommer.de.