Sturmfest und erdverwachsen
Bäume nicht voreilig fällen


(Bremen, den 10.11.17) Drei kräftige Stürme hintereinander haben manchen Baum das Leben gekostet. Viel gefährlicher für die Laub- und Nadelträger ist jedoch die Welle an Fällungen im vorauseilenden Gehorsam, die nun auf Gärten und Parks zurollt, warnt der NABU. Die Naturschützer betonen, dass vor allem vorgeschädigte Bäume geworfen werden und manche Arten besonders sturmfest, weil erdverwachsen seien. Bevor zur Säge, sollte zunächst zum Bestimmungsbuch gegriffen werden.
„Manch ein Anruf in der letzten Zeit grenzte schon an Hysterie“, erklärt NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, „häufige Frage war, ob vom Baum im Garten eine Gefahr ausgehe.“ Doch pauschal lasse sich das nicht beantworten, denn neben dem arteigenen Wurzelwerk entscheiden auch Vorschäden an Wurzel und Stamm über die Vitalität und damit Sturmfestigkeit eines Baumes. Eine besondere Rolle spielen auch Wasser und Bodenart, betont der NABU.
„Die allermeisten Bäume in Bremen sind nach dem Weltkrieg gekeimt“, weiß der gelernte Förster Hofmann, „mit ihren bestenfalls 70 Jahren sind das in Baumkreisen noch junge Hüpfer.“ Allerdings können Wurzelverletzungen durch Bagger auch den stärksten Baum umhauen. „Die dickeren Wurzeln sind für den Baum wie Haltetaue für‘s Zirkuszelt. Werden sie gekappt, leidet die Stabilität und es braucht Jahrzehnte, bis der Baum den Schaden ausgleichen kann.“
Dennoch heilen gerade bei jungen Bäumen Schäden bewundernswert schnell. Auch Schieflagen gleichen Bäume aus, indem sie bei Nadelbäumen Zugholz, bei Laubbäumen Druckholz ausbilden. „Ein schiefgedrückter Baum wächst auf einer Seite des Stammes stärker, um die Belastung auszugleichen“, so der NABU. Faulstellen am Stamm kapseln gesunde Bäume einfach ab und verstärken dort das Holzwachstum. Für Pilz & Co wird eine starke Barriere aufgebaut und der Stabilitätsverlust ausgeglichen.
„Man kann Baumarten auch nach ihrem Wurzelsystem einteilen“, erläutert Sönke Hofmann, „Eichen und Kiefern bilden starke Pfahlwurzeln, Buchen und Lärchen sind Herzwurzler und Fichten und Pappeln haben flach streichende Wurzelsysteme.“ Grundsätzlich und auf trockenen, tiefgründigen Böden seien Pfahlwurzler besonders sturmfest. Die Fichte sei als Flachwurzler jedoch besser als ihr Ruf, denn alte Exemplare verankern sich mit sogenannten Senkerwurzeln im Erdreich. Letztlich haben Bäume in den vergangenen Jahrmillionen schon viel stärkeren Stürmen trotzen müssen und sich angepasst.
Über die Sturmfestigkeit sage das Wurzelsystem jedoch nur bedingt etwas aus, denn alle Bäume passen sich dem vorhandenen Boden an. „Für eine Kiefer macht es keinen Sinn, ihre Pfahlwurzel ins Stauwasser zu stecken, die fault dann nämlich schlicht weg.“ Außer Erlen könne kein Baum dauerhaft mit den Wurzeln im Wasser stehen, weshalb hoch anstehendes Grundwasser die Windanfälligkeit erhöhe.
Wer einen Baum im Garten hat, kann sich glücklich schätzen, findet der NABU. Gerade in der Stadt erfüllen sie wichtige Funktionen für die Natur und das Kleinklima. Vor dem Todesurteil für den Baum sollte deshalb gut abgewogen werden. Als Alternative gebe es einheimische Sträucher, die kleiner bleiben. Aktuell bietet der NABU ein Sortiment von 20 verschiedenen Wildsträuchern im Vahrer Feldweg an. „Außerdem gilt im Land Bremen aus gutem Grund die Baumschutzverordnung. Darin sind zum Beispiel Laubbäume ab einem Durchmesser von knapp 40 Zentimetern gegen voreilige Fällungen geschützt.“
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