Vogel der Jahres 2011: Der Gartenrotschwanz



Gartenrotschwanz mit Raupe - Foto: Birdpictures/Rosl Rößner
Sein Name täuscht: Inzwischen ist der Gartenrotschwanz in den meisten Gärten Deutschlands kaum mehr antreffen. Hilfe für den farbenprächtigen Vogel ist daher unbedingt erforderlich. Deshalb haben ihn der NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) zum Vogel des Jahres 2011 gekürt.
Mit dem Auflichten von Wäldern, der Anlage parkartiger Landschaften und Streuobstwiesen hatte der Mensch jahrhundertelang günstige Lebensräume für den Gartenrotschwanz geschaffen. Die heutige Landschaft bietet ihm jedoch immer weniger Raum.
Man braucht schon etwas Glück, um heute dem schönen Gartenrotschwanz zu begegnen. Denn in vielen Gebieten ist er selten geworden. Besonders in der westlichen Hälfte Deutschlands ist er aus vielen Dörfern und Kleinstädten verschwunden. Das war nicht immer so, wie ein Blick in historische Quellen verrät: Günther Niethammers Handbuch der Deutschen Vogelkunde von 1937 bezeichnete den Gartenrotschwanz zum Beispiel als einen „in ganz Deutschland häufigen Brutvogel“.
Lange Zeit konnte er sich stark ausbreiten. Seine bevorzugten Habitate, die stets von lichtem Baumwuchs geprägt sind, waren vielfältig und weit verbreitet. Mit dem Auflichten von Wäldern, der Anlage parkartiger Landschaften und obstbaumreicher Siedlungsränder hatte der Mensch jahrhundertelang günstige Lebensräume geschaffen. Doch diese für den Gartenrotschwanz positive Entwicklung kehrte sich um, als die kleinbäuerlich geprägte Kulturlandschaft immer intensiver genutzt wurde und viel von ihrem Charakter verlor.
Auch Veränderungen im Winterquartier, das in den Savannen West- und Zentralafrikas liegt, haben seine Bestände zunehmend schrumpfen lassen. Kommt es in der Sahelzone zu langen Trockenperioden – was durch die globale Erwärmung immer häufiger der Fall ist – so gibt es dort weniger Insekten und viele Gartenrotschwänze verhungern. Deutlich weniger Tiere kehren nach einem solchen Winter in ihre Brutgebiete zurück.
Sein Rückgang in Deutschland setzte etwa in den 1950er Jahren ein und hat sich vielerorts bis heute fortgesetzt. Der Bestand in Deutschland beträgt nach den letzten Auswertungen von 2005 etwa 110.000 bis 160.000 Brutpaare. Um 1980 wurde er noch auf 450.000 Paare geschätzt und lag somit drei- bis viermal so hoch. Zwar konnte sich der Bestand im Nordosten inzwischen stabilisieren und lokal auch erholen. In anderen Regionen hingegen gilt der Gartenrotschwanz als gefährdet. In der aktuellen Roten Liste Nordrhein-Westfalens musste er gegenüber 1997 in die Kategorie „stark gefährdet“ hoch gestuft werden. Hier leben nur noch rund 4.000 Brutpaare.
Die Lage sieht für den Gartenrotschwanz also alles andere als stabil aus. Nur wenn er in seinen Brut-, Rast- und Überwinterungsgebieten günstige Lebensbedingungen vorfindet, wird er langfristig gute Überlebenschancen haben. Die Gefährdung des einst weit verbreiteten Gartenrotschwanzes ist daher Grund für die Wahl zum Vogel des Jahres 2011. Der NABU und sein bayerischer Partner, der Landesbund für Vogelschutz (LBV), möchten auf die vielfältigen Möglichkeiten aufmerksam machen, wie dem Gartenrotschwanz geholfen werden kann. Denn schon mit geringem Aufwand und kostengünstigen Maßnahmen ließe sich manches erreichen. Dieser Appell richtet sich an viele: Hobbygärtner, Kleingartenbesitzer und Streuobstbewirtschafter, Städte und Gemeinden, Land- und Forstwirte – sie alle können zugunsten dieses kecken, kleinen Vogels mit seiner leuchtenden Brust aktiv werden.
Fortpflanzung beim Gartenrotschwanz
Kaum im Brutgebiet angelangt, beginnt das Gartenrotschwanz-Männchen ein Weibchen für sich zu gewinnen. Ist ihr Interesse nach tage- bis wochenlangem Gesang geweckt und die Bruthöhle auswählt baut das Weibchen ein lockeres Nest und legt blaue Eier hinein.
Gartenrotschwänze sind Höhlenbrüter – kein Wunder also, dass potenzielle Nisthöhlen besonders in Augenschein genommen werden. Das Männchen präsentiert sie, indem es sich vor ihren Eingang setzt oder ganz hinein fliegt, und dabei seinen aufgefächerten roten Schwanz und die kontrastreiche Brust zeigt.
Nestbau und Kinderstube
Zu guter Letzt ist es das Weibchen, das die Bruthöhle auswählt. Sie kann in Baumhöhlen, Fels- oder Mauerlöchern, Mauersimsen, Nistkästen und manchmal in alten Schwalbennestern eingerichtet werden – Hauptsache, die Höhle hat eine relativ große Öffnung und befindet sich in zwei bis fünf Metern Höhe. Dort baut das Weibchen ein lockeres Nest aus verdorrtem Gras, Moos, Wurzeln, Haaren, Federn oder Fasern. Anfang bis Mitte Mai legt es sechs bis sieben Eier und bebrütet sie 13 bis 14 Tage lang. Dann schlüpfen die Jungen.
Die Kleinen werden flügge
Nach 12 bis 14 Tagen fliegen die Jungvögel aus. Zunächst werden sie weiterhin von den Eltern gefüttert. Doch etwa eine Woche später sind sie bereits auf sich allein gestellt: Die Eltern widmen sich dann womöglich schon der nächsten Brut. Zumindest im Süden ihres Verbreitungsgebietes sind bei Gartenrotschwänzen zwei Jahresbruten üblich, im Norden reicht die Zeit der Fortpflanzung dagegen selten für weiteren Nachwuchs. Das erste Lebensjahr überleben wie bei vielen Kleinvögeln nur etwa 20 Prozent. Danach haben Gartenrotschwänze gute Chancen, drei bis fünf Jahre alt zu werden. In Gefangenschaft wurde ein Höchstalter von 9,5 Jahren erreicht.