So gelingt nachhaltiges Gemüse vom Balkon
Vielleicht macht ihr ja schon Klimaschutz und wisst es nur nicht. Beispielsweise gedeiht im Blumentopf eine Tomate statt einer Petunie. Sicherlich dachtet ihr an die sonnenwarmen, aromatischen und superfrischen Früchte direkt vom Strauch. Aber jede nicht im Gewächshaus gezogene und weit transportierte Tomate verhindert auch den Ausstoß von Treibhausgasen. Das ist Klimaschutz im Alltag.
Wir wollen hier einige Tipps geben, die den Gemüse- und Kräuteranbau im Topf besonders nachhaltig und klimafreundlich machen.
Saatgut und Jungpflanzen sollten aus biologischem Anbau stammen und es sollten standortgerechte robuste Gemüsearten und -sorten gewählt werden.
So eignen sich Orte mit Morgen- und Abendsonne für fast alles. Auf dem Südbalkon mit sich aufheizenden Wänden kann man mit den "Schnellen" wie Salat früh anfangen und spät noch einmal nachsetzen. Im Hochsommer macht man Pause oder zieht Tomaten, Paprika, Aubergine und ähnliche Sonnenfreunde, wenn man ihnen genug Wasser an die Füße schaffen kann. Die Nordseite ist im Sommer ideal für schnell wachsende Blattgemüse.
Sogar in die Wintersaison kann die Topfkultur funktionieren: Auf frischer Erde gedeihen dann beispielsweise Feldsalat, Endivien, vielleicht auch Spinat. Sie wachsen schon bei wenigen Plus-Graden, wenn auch langsam.
Fanatsie für den Topf
Die Pflanzgefäße müssen müssen nicht neu sein, die aktuelle Modefarbe lässt sich auch mit ein wenig Farbe hinbekommen, die abgenutzte Oberfläche mit ein wenig Holz kaschieren oder gar heruntenfallenden Erbsenranken. Schatten auf den Topf mit der Erde ist ohnehin ratsam, um die Verdunstung zu verringern. Das Pflanzgefäß selbst braucht am Boden Abzugslöcher für überschüssiges Gießwasser und innen über den Löchern eine Drainage aus bspw. alten Tonscherben. Die Wände selbst sollten keine Feuchtigkeit durchlassen - Topfkulturen leiden eher an Wassermangel als -überschuss. Nicht vergessen, den Pflanztopf auf einen Untersetzer zu stellen, damit überschüssiges Wasser aufgefangen und samt den damit ausgeschwemmten Nährstoffen wiederverwertet werden kann.
Die Crux mit dem Torf
Einfach Erde rein und los. Ja und nein!
Fertige Erden enthalten meist Torf. Um Torf zu gewinnen, werden Moore trockengelegt und abgebaut. Damit geht Lebensraum für zahlreiche, oft seltene Tiere und Pflanzen verloren. Außerdem ist Torf gebundener Kohlenstoff. An der Luft wird er abgebaut und befeuert den Klimawandel - dann schwindet der Unterschied zu Gemüse aus konventionellem Anbau.
Also: nur Erde mit der Bezeichnung "torffrei" benutzen. Oder gleich selbst Kompost machen, bspw. in der Beet-Kompost-Box.
Verbrauchte Erde gehört in die Biotonne oder auf den Kompost. Dort kann sie regenerieren und mit neuen Nährstoffen beladen werden.
Wasser: Seegen und Fluch
Nach mehreren Dürresommern und einzelnen Warnungen von Wasserwerken zum sparsamen Wassergebrauch ist schnell das schlechte Gewissen bei der Nutzung von Trinkwasser zum Gießen von Pflanzen da. Wer kann, sollte Regenwasser auffangen. Immer gut: Wasser, das sich beim Gießen im Untersetzer sammelt, aufnehmen und erneut auf die Erdoberfläche gießen - inklusive der darin enthalteten Nährstoffe. Schließlich wird es aber doch das Wasser aus dem Hahn sein, um die Erde stets feucht zu halten. Aber mal ehrlich: Beim täglichen Duschen dürfte der Wasserverbrauch höher sein.
Hunger nach Nährstoffen
Leider ist es allein mit ausreichend Wasser nicht getan. Nährsalze oder -stoffe benötigt das Gemüse außerdem: manche ganz wenig, manche ganz viel. Entscheidender für Nachhaltigkeit ist, woher sie kommen. Enthalten sind Nährstoffe in Düngern. Dünger lassen sich in die beiden Gruppen "mineralisch" und "organisch" einteilen. Mineraldünger wird in Bergwerken gewonnen - ihre Menge ist damit endlich-, oder sie werden mit hohem Energieaufwand hergestellt wie Ammonium-Salze im sogenannten Haber-Bosch-Verfahren. Doch Nährstoffe sind auch in jeder Pflanze und jedem Tier enthalten. Pflanzen werden zu Kompost, Tiere scheiden stets einen Teil aus, der sich in Mist und Gülle findet. Diese Nährstoffe sollten gleich wiederverwendet werden. Das nennt man Nährstoffkreislauf, die so entstandenen Dünger "organisch". Für den Hausgebrauch gibt es inzwischen Fertigprodukte, die einfach zu nutzen sind. Wieviel Dünger ein Gemüse benötigt, ist unterschiedlich: Tomaten und Gurken wachsen lange, bilden große Pflanzen und verlangen deshalb nach mehr Dünger. Salat ist schnell und bleibt eher klein. Er braucht nur wenig, meist gar keinen Extra-Dünger, weil in frischer Pflanzerde stets schon ein gewisser Vorrat enthalten ist.
Die lästigen Konkurrenten: Pflanzenschutz
So groß wie im konventionellen Gemüseanbau ist der Schädlingsdruck auf dem Balkon nie, denn hier steht bestenfalls ein halbes Dutzend Salatköpfe nebeneinander, nicht mehrere hundert. Abwechslung allein reduziert schon diejenigen, die außer uns auch Gemüse mögen. Und sollten doch stets Schädlinge und Krankheiten zu schaffen machen, passt sicherlich eine andere Sorte oder Art besser.
Die Raupe entdeckt man bei der gemütlichen Limo am Abend und kann sie mal eben entfernen - oder lässt sie für Meisen und Co. Gegen Blattläuse helfen Marienkäfer, die mit etwas Verzögerung eigentlich immer auftauchen und die sowohl selbst als auch deren Larven wahre Vielfraße sind. Auch Spinnen und Ohrkneifer machen Jagd auf die Ungeliebten. Ansonsten tut es auch eine kurze Kur mit verdünnter Schmierseife aus der Handspühflasche gegen die diversen Blattsauger.
Krankheiten wie echter oder falscher Mehltau und Rostpilze tauchen oft bei bestimmter Witterung und Luftfeuchte auf. Ein gewisses Maß davon stecken die Pflanzen weg. Manchmal hilft auch das Rücken des Topfes in eine andere Ecke. Die chemische Keule trifft jedenfalls in vielen Fällen nicht nur die Schaderreger, sondern auch zahlreiche Unschuldige.