Schwalben in der Stadt
Ein Plädoyer für das „wichtigste Instrument des urbanen Naturschutzes“ hält der NABU in Bremen. Der Nistkasten, von Ökologen der reinen Lehre bestenfalls als „Notnagel“ akzeptiert, sei in der Stadt nicht nur lehrreich sondern notwendig und überaus effektiv. Eine Wissenschaft sollten Gartenbesitzer jedoch nicht aus der Aufhängung machen. Mit dem nahenden Frühjahr werde es jetzt Zeit, noch Kästen anzubringen oder sie zu säubern.
„Der Nistkasten löst nicht unsere ökologischen Probleme, aber er mildert sie ab“, betont NABU-Vogelexperte Florian Scheiba, „jeder Kasten erhöht die Chancen einer Vogelfamilie sich trotz mangelnder Nahrung und freilaufender Katzen doch durchzusetzen.“ Natürliche Höhlen für Meisen könnten Stadtbäume unter dem Diktat der „Verkehrssicherungspflicht“ gar nicht mehr entwickeln. Auch Spalten an Gebäuden für Mauersegler und Spatz würden im Zuge von Energiesanierungen konsequent verschlossen oder es fehlt aufgrund zunehmender Bodenversiegelung am nötigen Nistmaterial. Von letzterem sind vor allem Mehl-und Rauchschwalben betroffen, die zum Nestbau offene Flächen mit lehmigen Material benötigen. Nisthilfen sind aufgrund dieser Entwicklungen also notwendig und dazu auch noch effektiv. „ Eine neue Studie hat gezeigt, dass bei der bedrohten Rauchschwalbe in künstlichen Nisthilfen die meisten Jungvögel flügge werden“ so Schwalbenberater Scheiba. Auch weniger bedrohte Arten müsse der Mensch mit Nistkästen helfen. „hübsche Blaumeisen und tolle Sänger wie Amsel und Singdrossel haben unsere Hilfe genauso verdient.“ betont Scheiba. Der wahre Naturfreund richte nicht sondern erfreue sich an der Vielfalt. Außerdem vertilge auch ein schnödes Kohlmeisenpärchen samt Nachwuchs im Jahr über 100 Kilogramm oftmals lästiger Insekten.
Doch wie kann man nun „richtig“ mit Kästen helfen? „Zunächst sollte man keine Wissenschaft daraus machen“, lädt der NABU zu Experimenten ein. Ein Kasten der in einer Saison nicht angenommen wurde, hat vielleicht bessere Chancen an einem anderen Standort. Mehrere Kästen nebeneinander vertragen allerdings nur Koloniebrüter wie Spatz, Mauersegler oder Mehlschwalbe.Bei den meisten Kästen reiche in ruhigen Gärten zwei Meter als Aufhänghöhe aus. „Bei mehr Trubel kann man die Kästen mit einem Drahthaken und einer Lanze über einen höheren Ast hängen“, gibt der Naturschützer einen Tipp. Die Methode mit Lanze und Haken sei viel sicherer als die Turnerei auf der Leiter und dazu noch viermal so schnell, wie Scheiba aus eigener Erfahrung weiß. Nur spezielle Arten wie Turmfalken oder Eulen bevorzugen größere Höhen.
Wer sich von „albernen Vorschriften“ wie einer Mindestdicke der Kastenwände oder exakten Himmelsrichtungen des Fluglochs irritiert fühle, sollte die Natur aufmerksam studieren. „Höhlenbrüter sind oft Nachmieter der Spechte und die zimmern ihre Höhlen wiederum gerne ins morsche Holz. Und auf welcher Seite faulen die Stämme als erstes? Auf der Wetterseite“, so Scheiba. Eine Ausrichtung zwischen Süd und Ost sei ebenso ein „freundlicher Service“ wie das Ausräumen der alten Nester im Herbst oder – wenn es verpasst wurde – jetzt im Spätwinter.
Um herauszufinden ob sich ein Standort für Schwalben eignet bietet der NABU Bremen im Rahmen des vom Bremer Umweltsenator geförderten Projektes „Schwalbenfreundliches Haus" am Mittwoch den 20.11.19 ab 18:30 Uhr einen Vortrag im Vahrer Feldweg 185 sowie nach Absprache Vor-Ort-Beratungen an. Hierbei werden ebenfalls kostenlos Schwalbennisthilfen ausgegeben.
Weitere Informationen unter Tel. 0421 48 4448 70
Wer selbst schon etwas für sie Schwalben tut und damit Teil der Lösung ist, oder es noch werden möchte kann sich beim NABU als Schwalbenfreund bewerben. Bewerbungen sind einfach und bequem über ein Formular auf der Homepage des NABU (einen Link finden Sie auch unten auf der Seite) oder als telefonische Meldung unter der 0421 48 4448 70 möglich.