Blühmischungen zwischen Augenschmaus und Raupenfreude
Oft viele Exoten in Saatmischungen


(Bremen, den 21.02.22) Der Frühling naht und mit ihm die bunten Blühmischungen in den kassennahen Ständern der Supermärkte. Die Fotos auf den Verpackungen versprechen ein unwirkliches Blütenmeer das Bienen ernähren soll, aber mit der Natur nichts zu tun habe. Mittlerweile werde alles was blüht als „insektenfreundlich“ beworben, bemängelt der NABU und gibt Tipps, woran man naturfreundliche Mischungen erkennt.
„Das Prädikat ‚insektenfreundlich‘ reduziert sich mittlerweile meist auf Nektar und Pollen. Das geht aber an über 90 Prozent der 33.000 Insektenarten in Deutschland vorbei“, betont NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann. Auch wenn beispielsweise viele Schmetterlinge Nektar saugen, brauchen ihre Raupen oft ganz bestimmte Pflanzen. Meist sind das unscheinbare und wenig beliebte „Unkräuter“ wie Brennnessel, Distel oder Wegerich. Auch einige Käferarten sind auf bestimmte heimische Pflanzen angewiesen.
Viel Nektar – kaum Raupennahrung
Die Hersteller mengen gerne reichlich billige Gräser und Füllstoffe unter die Mischungen. „Bei dem Titel ‚Blumenwiese‘ sollte man aufpassen, die besteht oft zur Hälfte aus Rasensaat und ist dadurch so preiswert“, warnt der Naturschützer. Viele einheimische Blumen benötigen mehr als ein Jahr bis zur Blüte, und nur wenige können mit der Pracht von Exoten mithalten. Deshalb bestehen die gängigen Blühmischungen zu einem Gutteil oder vollständig aus nichtheimischen Pflanzen mit wenig Nutzen für die Insektenwelt.
„Statt unbedacht irgendwas zwischen Käse und Nudeln in den Einkaufswagen zu legen, lesen naturfreundliche Gärtner sich die Inhalte der Saatmischung erstmal durch“, fordert der NABU. Finden sich Exoten wie Cosmea, Phacelia oder Sonnenblume auf der Packung oder ein erheblicher Anteil Gräser und ominöse Füllstoffe, raten die Naturschützer ab. Statt mit teuer gekauften Sägespänen können die Samen einfach mit Erde vermischt werden, um sie dünner auszusäen.
Empfehlung: Wachsen lassen, selten Mähen
Eine Blühfläche mit der sehr teuren Regiosaat erfolgreich anzulegen, sei auch nicht ganz einfach. „Meist sind die Böden viel zu nährstoffreich. Man muss dann erstmal eine Saison lang eine Schwarzbrache anlegen, also den Boden immer wieder harken und so Konkurrenzkräuter niederhalten“, erklärt der gelernte Förster Hofmann. Besser sei es, das ohnehin vorhandene Potential zu nutzen und einfach wachsen zu lassen.
„Man wundert sich, wieviele hübsche Blühpflanzen sich in einem normalen Rasen nach zwei Jahren durchsetzen, auch wenn man manchmal etwas genauer hingucken muss“, so der NABU. Gänseblümchen, Schafgarbe, Löwenzahn, Ferkelkraut, Hahnenfuß oder Kriechender Günsel fänden sich schnell ein und böten ein echtes insektenfreundliches Ambiente. Das Geheimnis der plötzlichen Vielfalt ist die reduzierte Mahd.
Denn viel wichtiger als mutwilliges Ansäen sei die Pflege des angestrebten Blühstreifens. „Mit dem Rasenmäher kann man prima Wege freihalten und ein- bis zweimal im Jahr die Blühflächen mit dem größtmöglichen Abstand des Schneidwerks zum Boden mähen“, berichtet Sönke Hofmann aus der Praxis. Einige Ecken sollten auch nur alle paar Jahre gemäht werden. Wenn dann Weidensträucher aufkommen, böte allein die Salweide rund 100 Arten von Schmetterlingsraupen Futter.
Ideale Zeitpunkte für den Schnitt seien der Spätsommer, nachdem die meisten Blüten ihre Samen verteilt haben und das späte Frühjahr. „In den Stängeln von Stauden und Blumen überwintern unglaublich viele Eier, Larven, Puppen und sogar fertige Insekten“, schwärmt der NABU und empfiehlt: Struppige Winterbeete erst Mitte bis Ende April abräumen.