Galläpfel aller Orten
Rotbäckige „Äpfel“ an Eichen zu entdecken
Fast jeder kennt die kugeligen Gebilde an der Unterseite von Eichenblättern, teilweise rotbackig wie kleine Äpfelchen – Eichengallen. Jetzt im Herbst ist die beste Zeit, einen Blick hinter die Kulissen dieser „Lebensgemeinschaft“ zu werfen, die den meisten kaum bekannt sein dürfte. Gallen sind abnorme Veränderungen von Pflanzenteilen wie Wucherungen, Verdickungen oder blasige Gebilde auf Blättern, an Stängeln oder Wurzeln.
Die fleischigen, kugeligen oder zipfeligen Objekte sind das Werk von Bakterien, Fadenwürmern, Milben oder Insekten. Die kleinen Bauherren liefern dem Baum den Plan, wie das Haus auszusehen hat. An den eigentlichen Baumaßnahmen zur Errichtung der Galle beteiligen sie sich nicht. Sie zwingen die Pflanze mit Botenstoffen ihnen ein schützendes Dach über dem Kopf einzurichten, indem sie die Entwicklung von Pflanzenteilen umprogrammieren.
Wer diese „Lebensgemeinschaft“ genauer kennenlernen möchte, kann die Gallenbewohner züchten. Dazu eignen sich besonders gut die Gallen der Eichen-Gallwespe. Man sammelt einige ein und gibt sie in ein Glasgefäß auf etwas feuchten Rindenmulch. Dieses wird dann mit feinmaschiger Gaze fest verschlossen. Feucht und kühl gehalten, schlüpfen im Februar mit etwas Glück die ameisenartigen, wenige Millimeter großen, geflügelten Eichen-Gallwespen.
Wohnraum für Kleinlebewesen
Nach der Befruchtung kleben die Gallwespenweibchen ihre Eier auf die Oberfläche junger Eichenblätter. Die schlüpfenden Larven benetzen kleine Areale an den Blattrippen mit Speichel. Dieser enthält Wirkstoffe, die das Blatt veranlassen, rund um die Larven Gallen zu bilden. Im Inneren der Behausung entwickelt sich die Nachkommenschaft gut geschützt in einer Kammer. Vom Wirt werden die Larven bestens mit Nährstoffen versorgt. Im Herbst, wenn der Baum seine Blätter abwirft, segeln die Larven mit „Haus“ und „Grundstück“ sanft auf den Boden, wo sie sich verpuppen.
Spätestens im Februar schlüpfen dann ausschließlich weibliche Wespen. Diese legen unbefruchtete Eier an Eichenknospen ab, aus denen sich eine kleine, knospenförmige Galle entwickelt. Erst aus diesen „Zwischengallen“ schlüpfen im späteren Frühjahr sowohl Weibchen und Männchen. Nach deren Paarung legen die Weibchen ihre Eier einzeln an die Blattunterseite. Dann beginnt der Zyklus von vorn. Diese Form der eingeschlechtlichen Fortpflanzung heißt Parthenogenese. Dabei entstehen die Nachkommen aus unbefruchteten Eiern der Mutter.
Zum Ledergerben und Tinte herstellen
Ganz ohne Gegenwehr ergeben sich die Pflanzen allerdings nicht. Im Gallgewebe produzieren sie überdurchschnittlich viel Gerbstoffe, welche die Nährstoffversorgung der Larven blockieren. Daraufhin setzen die Larven ihrerseits Gegenmittel ein, welche die Gerbstoffe unschädlich machen. Die Pflanze verstärkt dann noch mal die Gerbstoffproduktion. Dies macht sich der Mensch zu Nutze. Der hohe Gerbstoffgehalt macht die Gallen zu einer geeigneten Quelle für die Gewinnung von Gallussäure, die auch heute noch zum Gerben von Leder verwendet wird.
Weitere Infos
Wenn im Sommer winzige Kröten und Frösche den Teich verlassen, sieht es aus, als hätte es die Tiere geradezu geregnet. Doch von den abertausenden Winzlingen werden es nur einzelne schaffen, selbst Nachwuchs zu zeugen. Und wir Menschen haben Mitschuld daran. Mehr →
Die Pflanze an sich ist imposant und manches Insekt sucht darauf nach Nektar. Doch der aus dem Kaukasus stammende Riesenbärenklau kann ganze Pflanzengemeinschaften verdrängen und ist vor allem gefährlich für die menschliche Haut. Mehr →
Das Engagement der Gemeinde St. Johannis für die Turmfalken wurde vom NABU mit der Auszeichnung Lebensraum Kirchturm belohnt. Mehr →
Verwandte Themen
Es ist November und damit hängen vermehrt wieder Nebelschwaden über dem Land – der Übergang in den „grauen Herbst“ ist endgültig vollzogen. Die Natur bereitet sich auf eine Ruhepause vor. Wo das Herbstlaub noch nicht gefallen ist, treiben Novemberfröste die Blätter von den Bäumen. Mehr →
Marienkäfer wohin man schaut. Auf der Suche nach geeigneten Winterquartieren sitzen sie im Herbst in teils großen Schwärmen auf Balkongeländern, Hauswänden und Pflanzen. Den Winter über machen sie es sich am liebsten in Mauerritzen oder Dachsparren gemütlich. Mehr →
Am Kleinen Plöner See finden sich in manchen Jahren große, gallertige Kugeln. Aussehen und Konsistenz erinnern an Weintrauben oder grüne Pflaumen. Bei Wasserverlust am Ufer wirken diese Gebilde auch schrumpelig wie kleine Früchte. Es handelt sich um Blaualgen. Mehr →