Das Otterzentrum - Auch was für Blumenfreunde - Foto:Florian Scheiba
Bericht zur Tour ins Otterzentrum Hankensbüttel
Zu Besuch bei Otter, Dachs & Co.
Kleiner Vorspann:
Nun endlich war der Tag gekommen. 14 Personen, verteilt auf unseren NABU-Kleinbus sowie auf einen Privat-Pkw, fuhren vom ZOB Bremen am Samstagmorgen in Richtung Lüneburger Heide – zum Otterzentrum Hankensbüttel. Der erwähnte Zielpunkt liegt zwischen Celle und Wittingen an der B 244.
Führung:
Punkt 11:00 Uhr begann die Führung. Herr Akkliddin Azimzoda aus dem fernen Tadschikistan stellte sich als Führer des Rundgangs vor, der ca. eine Stunde dauern sollte. Seit acht Monaten lebt dieser Herr aus einem fernen Land erst in Deutschland und spricht ein ausgezeichnetes Deutsch.
Mit nur acht Fischottern wurde das Zentrum 1988 eröffnet. Der Fischotter gehört zur Familie der Marder. Als Einstieg wählte Herr Azimzoda einige Bilder aus, wie z. B. den Dachs, ein Hermelin (Wiesel) mit Winterfarbe. Die Schwanzspitze dieses Tieres ist stets schwarz und besitzt durch diese Entwicklung – wohl genetisch bedingt – eine Art Schutzfunktion. Bei einem Abbiss kann der angegriffene Marder weiterflüchten, an der verlorenen Schwanzspitze stirbt er nicht. Auf dem Gelände gibt es auch zwei Marderhunde, die aber in keiner Verwandtschaft zu den erwähnten Tieren stehen.
Der Fischotter ist ein guter Schwimmer; maximal kann er bis zu acht Minuten unter Wasser bleiben. Die spezielle Art im Otterzentrum wird als eurasischer Fischotter bezeichnet, die bis zu 1,3 m lang werden kann.
Eine weitere Abbildung zeigte einen Steinmarder, der bekanntlich in Menschennähe lebt. Ein Baummarder bevorzugt den Wald oder Parks. Der Iltis wird auch als Frettchen bezeichnet. Ein amerikanischer und ein europäischer Nerz waren vergrößert abgebildet. Unweit der sogenannten Dachs-Hecke ist das Dachs-Gehege, in dem zurzeit fünf Tiere leben.
Fischreuse:
Wir erreichten eine nachgebaute größere Fischreuse, die oftmals für den eleganten Schwimmer Otter den Tod bedeutet. Die sich am Ende verjüngende Reuse bietet dem Otter keine Rückzugsmöglichkeit, sodass er sterben muss. Als Lösung bietet sich eine kleine Öffnung dieses Fangnetzes am Beginn an, sozusagen als Fluchtmöglichkeit.
Die Fütterung:
Die Fischotterfütterung begann um 11:15 Uhr. Am besagten Otterteich wollten wir dabei sein, von einer Holzplattform konnten wir anfangs nur einen Otter beobachten.
Durch seine Geschwindigkeit, seine Eleganz und durch mehrere Tiefgänge zeigte er sich der Besuchergruppe und gewann gleich die Sympathie aller Zuschauenden. Ein zweiter Artgenosse tauchte auf. Der vorführende Pfleger erwähnte die Namen „Samba“ und „Karlchen“, also zwei Männchen.
Geborene Otter haben ein Anfangsgewicht von ca. 700 g. Das uns bekannte Aussehen erhalten sie nach sieben bis acht Wochen. Tatsächlich – man mag es kaum glauben – sind die Kleinen erst chronisch wasserscheu. Die Mutter „zerrt“ sie ins Wasser. Für uns Betrachter klingt es brutal, aber es ist keineswegs eine Misshandlung. Beim Schwimmen, beim Tauchen hilft das Muttertier nach, wobei eben das lebenswichtige Jagd- und Revierverhalten erlernt wird.
Nach einem Jahr müssen die Jungotter alleine leben. Otter jagen, ja, treiben die Fische regelrecht. Hierzu brauchen sie naturbelassene Gewässer. Als Nahrung dienen Fische, Amphibien, Vögel. An diesem Besuchernachmittag wurden allerdings Küken verfüttert, und zwar mit großem Genuss. Ein Otter zieht sich gerne unter Baumwurzeln zurück. In der Bundesrepublik herrscht im Nordosten ein starkes Aufkommen.
Faszinierend ist das Fell dieser eleganten Schwimmer und Jäger. Auf einem Quadratzentimeter Körperfläche wachsen bis 50.000 Haare, sodass der gesamte Körper mit 80 bis 100.000 Millionen Haaren bedeckt ist. Unglaublich! Statt einer Fettschicht setzt der Otter eben auf seine Haardichte. Das Wasser als Element kann ihn nicht bedrohen.
Kleiner taktiler Test:
Herr Azimzoda ließ fünf Beutel zum Ertasten des Inhalts herumreichen. Muschel, Stein sowie ein Kieferzapfen wurden hinterher gezeigt. Letzterer allerdings gehörte nicht in die Otterwelt.
Hinter eine großen Glasscheiben konnten wir einen Otterbau betrachten. Als nächsten Punkt erreichte die NABU-Gruppe ein mit Metallplatten begradigtes Uferstück. Für einen Fischotter ist eine solche Konstruktion unüberwindbar. Brücken beispielsweise dürfen nicht zu laut sein. Man hörte beim Rundgang simulierte Autogeräusche, die die eleganten Marder (Fischotter) vertreiben. Leider kosten Straßenüberquerungen häufig Otterleben.
Iltis-Beobachtung:
Ein Iltis benötigt sumpfiges Gelände, daher müssten Feuchtwiesen und Sümpfe erhalten bleiben bzw. angelegt werden. Davon profitieren unter anderem auch zahlreiche Amphibien, Insekten und Vögel. Ganz nebenbei bemerkt sind die Frettchen domestizierte Marder. Als Testobjekt durften wir ein Iltis-Fell anfassen.
Bleiben wir noch etwas bei den Iltissen. Die sich anschließende Fütterung dreier Iltisse (zwei Männchen, ein Weibchen) sollte nicht vergessen werden. Sie können erstaunlicherweise bei der Fütterung „Männchen“ machen, rückwärts laufen. Mitunter riechen sie auch mal - aus menschlicher Sicht natürlich – stark. Iltisse gelten auch als sogenannte Bunkertiere, die Futter sammeln.
Ihr Sehvermögen ist nicht besonders ausgeprägt. Mitunter verfallen sie in einen Blutrausch. Von traurigen Ereignissen in Hühnerställen haben wir alle schon gehört. Leider hat das Federvieh in solchen Situationen keine Fluchtmöglichkeit.
Bei der Fütterung im Gehege hing ein Marder langgestreckt am Futter; es war ein Stück vom Kuhmagen. Bei diesem Anblick aktivierten zahlreiche Besucher belustigt ihre Kameras. Der Pfleger sprach hierbei vom Klammerbiss. An diesem Samstag wurden als Küken und Magenreste von Kühen verfüttert.
Otterhunde:
Ja, es gibt sie tatsächlich noch. In einem großen Gehege hält das Otter-Zentrum noch zwei Hunde dieser Art. Sie wurden uns als „Astrid“ und „Cora“ vorgestellt. Nur 40 bis 50 Tiere gibt es noch in Deutschland.
Über 700 Jahre wurden Otterhunde speziell zur Jagd auf Fischotter gezüchtet. Dieser menschliche Wahn gehört – so hoffen wir – endgültig der Vergangenheit an.
Ein besonderer Wald:
Damit ist der sogenannte Baummarder-Wald gemeint. Von einem Holzrondell aus können Besucher/innen wieder eine andere Art beobachten; die Tiere heißen „Franzi“ (12 Jahre) und „Sepp“ (13 Jahre). „Sepp“ und „Franzi“ sind übrigens Geschwister. Der Blick in die Tiefe zeigt alte Eichen, kleine Eschen, Holzstapel, Kletterstämme. Die Aufzählung ist aber unvollständig. Der natürliche Rohstoff ist und bleibt im Otterzentrum in allen Gehegen und „umzu“ (bremischer Ausdruck) das Holz.
Eine sportliche Sprunggrube:
Was ist das nun wieder? Anhand einer konstruierten Weitsprunggrube können Sprungvermögen von Mensch und Tier nachvollzogen werden. Ein Baummarder kann unglaubliche 11,5 m weit springen; der Dachs nur 1,8 m. Der menschliche Weltrekord liegt bei 8,90 m (Bob Beamon).
In der Schule schaffte ich einmal 6,02 m. Das Aussehen damals war schlank, rank, leicht. Leider hörte ich auf zu trainieren und entschiede mich für den Fußball.
Die Fischotter im Lebensraum Gebirge:
Ein Gebirge, eine Gebirgswand baute man in beeindruckender Weise nach. Drei große eurasische Fischotter zeigten hinter großen, dicken Scheiben ihre Bewegungseleganz – besonders unter Wasser. Von diesen Blickfängen konnten wir uns kaum lösen, aber die Führung musste ja fortgesetzt werden.
Dachstunnel:
Ein langgezogener, möglichst naturbelassener oder nachgebauter Tunnel ermöglichte besondere Blickwinkel auf ein Dachsleben. Man konnte unter anderem einen kleinen Bau für junge Dachse sehen; auf ein weitverzweigtes Tunnelsystem hinter Scheiben. Einfach fantastisch!
Der Abschluss-Test:
Zum Abschluss des ca. einstündigen Rundgangs war ein Test angesagt, ein Pflanzen-Riechtest.
Dose 1 = eine Rose
Dose 2 = eine Zitronenmelisse
Dose 3 = eine Pfefferminzpflanze
Ich versagte kläglich!
Nach seiner Verabschiedung erhielt unser Führer des Otternzentrums verdienten Gruppenbeifall. Ich glaube, diese Anerkennung tat dem aus der Ferne Angereisten gut!
Restauration:
Nach dieser „körperlich-geistigen“ Anstrengung war nun gegen 12:30 Uhr das leibliche Wohl angesagt, sofern man wollte. Es gibt hierüber im Nachhinein nur Gutes zu berichten.
Freie Zeit:
Bis 15:00 Uhr war der Zeitrahmen ein individueller. Mich zieht es seltsamerweise häufig zu Gewässern hin. Der Mensch soll ja eine Art Ufergucker sein. Diesbezüglich las ich einmal von einem klugen Professor.
Der Isenhager See
Dieses Gewässer bildet sozusagen eine Art Bucht in das Naturgelände mit seiner Vielfalt. Eine Holzbrücke zerteilt diesen Natursee mit inzwischen dichter Uferzone, wobei Erlen in großer Zahl sichtbar werden.
Als besonders auffällige Bereicherung fielen mir die Tafeln auf der Lehrpfadbrücke auf. Sie waren ein Naturgemisch zwischen Information, Betrachtung sowie Aufforderung zum Mitmachen.
Hurra! Ich war dabei!
Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich diese Rarität erst zu spät erkannte und notgedrungen das Pferd von hinten aufzäumte. Die Funktion der fest installierten Fernrohre war meiner Meinung nach eine unglaubliche Ergänzung zur Gesamtinformation.
EIN BLICK IN DAS LEBEN DER EISVÖGEL
Mit ein wenig Glück kannst du durch die Löcher in der Sichtschutzwand die heimlichen Eisvögel beobachten, die im Seeufer in einer Erdröhre brüten.
Wenn sie gerade nicht zu sehen sind, schau einfach in den Guckkasten. Hier findest du Einblicke in die Jagd nach Fischen unter Wasser und das Familienleben der Eisvögel.
WELCHE TEMPERATUR HAT DAS SEEWASSER?
1.) Pumpe etwas Seewasser hoch und fühle die Wassertemperatur in der Hand.
2.) Überprüfe deine Schätzung mit dem Thermometer.
UNTERWASSER-BODEN
Der Boden eines Sees kann unterschiedlich beschaffen sein, ähnlich wie in dieser Fühlstation.
Ziehe deine Schuhe aus und lass dich mit geschlossenen Augen über die verschiedenen Materialien führen.
WAS MACHEN DIE STÖRCHE HEUTE?
Von April bis August sieht man die Weißstörche in ihrem Horst mit verschiedenem Verhalten. Nestbau, Paarung, Brüten, Klappern, Füttern der Jungen, Flugversuche der Jungen. Beobachte mit dem Fernrohr, was sie jetzt gerade machen.
WELTENBUMMLER IN GEFAHR
Ab August beginnen die Störche ihren Zug in den Süden. Dabei nehmen 80 % der deutschen Störche die lange Ostroute, die bis nach Südafrika führt – eine gefährliche Reise, die zwei Drittel nicht überleben. Der Rest nimmt die kürzere Westroute.
Welchen Weg die Hankensbütteler Störche nehmen und wo sie überwintern ist nicht bekannt. Der Klimawandel stellt auch eine Gefahr dar, denn durch die Ausdehnung von Trockenregionen wird die Nahrung auf der langen Zugroute knapper.
WELCHER VOGEL SCHWIMMT DA?
Der Isenhagener See ist Lebensraum für viele Wasservogelarten. Graureiher, Kormoran und Fischadler suchen nach Fischen im freien Gewässer, während Teich- und Blässralle, Nilgans sowie Stockente hier brüten.
Schau in den Guckkasten, um herauszufinden, welcher Vogel auf dem Wasser schwimmt oder gerade über den See fliegt.
VERSTECKSPIEL IM RÖHRRICHT
Am See gibt es einige Uferbereiche mit Binsen, Schilf und Rohrkolben. In diesen sogenannten Röhrichten finden viele Tiere Nahrung, Plätze für die Eiablage und Jungenaufzucht sowie Versteckmöglichkeiten.
Verwandele dich in einen Fischotter und verstecke dich im Röhrichtmodell. Was passiert, wenn Menschen ins Röhricht kommen?
LEBENDIGER SEE
Im See wimmelt es von kleinen Tieren, wie zum Beispiel Insektenlarven, Fischlarven, Kleinkrebsen, die einen Teil ihres Lebens im Röhricht verbringen. Finde mit Hilfe der Drehscheiben heraus, welches Tier du gefangen hast.
In der Mitte des Steges befindet sich ein kleiner Aussichtsturm, von dem aus man durch das Fernrohr ein Storchennest beobachten konnte. Bei unserem Besuch waren zwei Jungstörche zu sehen. Während unseres Besuches flog ein Altstorch mit Futter im Schnabel über unsere Köpfe hinweg zum Nest. Es war ein schöner Anblick!
3. Teil:
Gegen 15:00 Uhr war vom NABU etwas Gemütliches eingeplant. Im Restaurant gab es Kaffee und Kuchen. Wir machten davon Gebrauch und blickten immer wieder auf den schönen Isenhagener See mit seinen Naturschätzen.
Wieder beim Dachs:
Unweit vom Restaurant befindet sich ein großer Dachsbau. Um 16:00 Uhr zeigten sich zwei Dachse noch mal bei der Fütterung. Es gab Küken und Fischreste.
Der auffällige schwarz-weiße Kopf dient wohl der Abschreckung. Im Bau könnten sich Fuchs und Dachs begegnen. Dachse haben ein starkes Gebiss und suchen in der Regel keinen Streit mit Meister Reineke.
Abschluss:
Mit meiner Frau ließ ich mich noch einmal vor bzw. hinter der Skulptur zweier spielender Fischotter fotografieren. Eine kleine Erinnerung sollte bleiben!
Die Fahrgemeinschaften traten den Rückweg, die Rückfahrt Richtung Bremen an. Die Stunden waren zu schnell vergangen.
Vergessenes, Ergänzungen, Sonstiges:
- Claus Reuther:
(1950 – 2004)
Er war der Initiator des Otter-Zentrums. Leider starb er viel zu früh. Mit viel Engagement schufen seine Mitarbeiter, Claus Reuther und viele mehr dieses sehenswerte Naturschutzobjekt, von dem wir alle heutzutage profitieren. Danke!
- Bei der Freizeitphase entschieden wir uns für die Begehung des Lehrsteges mit herrlichem Seeblick. Einfach nur mal aufs Wasser schauen und die beruhigende Atmosphäre auf sich bzw. in sich wirken lassen.
- An der Kasse erhalten die Besucher/innen einen Fütterungsplan, der die Fütterungszeiten im Sommer sowie im Winter übersichtlich darstellt.
- Unseren verantwortungsvollen Fahrern Florian Scheiba sowie Oswald Dase sei gedankt! Auf der Autobahn setzte starker Regen ein. Alle beiden waren sich ihrer Verantwortung durch vorsichtige Fahrweise bewusst.
- Die angegebene Literatur, sofern noch erhältlich, ist wirklich empfehlenswert:
Der Otter
Karl Müller Verlag
ISBN 3-86070-734-5
Printed in Slovakia
3/26/05/52-01
- Von dem großen Mosaik der Vielfalt konnte ich nur einige Stücke beschreiben, das Otterzentrum steckt voller Anregungen. Ein Besuch lohnt sich einfach!
Macht euch kundig, bleibt neugierig und erweckt weiteres Interesse für unsere schöne Flora und Fauna – bei diesem speziellen Besuch für die Welt der Marderfamilie.
- Auf der letzten Seite des Buches Der Otter „spricht“ ein Fischotter in aufrechter Haltung folgende Bitte aus:
„WEISER MENSCH, ICH BITTE DICH UM EIN WENIG PLATZ AUF DEM PLANETEN, DER ALLEN LEBENDEN GESCHÖPFEN GEHÖREN SOLLTE!“
Günter Hoffmeister
(NABU-Mitglied)