Über den Wolken auf dem Brocken - Bild: Florian Scheiba
Vom Wintermärchen zum Winterzauber:
2016 war der NABU Bremen das letzte Mal unter der Überschrift „Wintermärchen“ auf dem Brocken. Wer mag, kann unter „NABU-Bremen-Tourenberichte“ das erste Erlebnis nachlesen.
Im Januar 2020 fand die Fortsetzung statt. Gegen 10:00 Uhr erreichte der Kleinbus den bekannten Harzort Wernigerode, acht Mitreisende wollten unbedingt auf die Brockenkuppe.
Nach dem Aussteigen kamen wir gleich in den Genuss einer besonderen Sichtachse, gemeint sind der Bahnhof sowie das auf einem Harzberg gelegene imposante Schloss Wernigerode mit seiner interessanten Historie. Sie bieten sich förmlich zum „Beäugen“ an.
Die Brockenbahn:
Der genaue Ausdruck ist eigentlich HSB (Harzer Schmalspur Bahn), aber wir bleiben eben volkstümlich. Ein Waggon, eine Dampflok, reservierte Plätze ließen sogleich eine gute Stimmung aufkommen. Der lange Zug konnte an diesem Samstagvormittag viele Reisende aufnehmen.
Es geht los:
Gegen 10:30 Uhr wurde der Bahnhof zischend verlassen. Westerntor, eigentlich noch zum Ort gehörend, geriet ins Blickfeld. Über einen Lautsprecher machte man die Reisenden neugierig. Zu Wernigerode gehört seit Jahren die Hochschule Harz mit ca. 3.000 Studierenden. Hier bewegt sich etwas!
Nach einer kurzen Befragung gab die Schaffnerin die Streckenlänge mit 34 km an, die Fahrzeit sollte 1 Stunde 50 Minuten betragen.
Die einzige negative Auffälligkeit während der Fahrt war eine grölende Männergruppe, die ein genaues Zuhören der Durchsagen beinahe unmöglich machte. Die Stimme verwies auf die nächste Station Hasserode, von Mischwald umgeben, hin. Einen 70 Meter langen Tunnel, es ist der einzige, musste die Bahn zwischen Hasserode und der Station „Drei Annen Hohne“ passieren bzw. durchfahren. Also … es wurde sogar einmal dunkel! Über dem uns umgebenden Wald zeigten sich nun auffällige Dampfwolken. Der historische Zug mit seiner Dampfmaschine wurde gefordert. Schierke ist sozusagen der Ausgangspunkt zum Brocken. Wer kennt ihn nicht, den bekannten „Schierker Feuerstein“?
Nach circa zwei Stunden wurde der Brockenbahnhof erreicht. Nun musste es zu Fuß weitergehen. Der Zug mit den Zugführern hatte eine Pause redlich verdient!
Das leibliche Wohl meldete sich mal wieder an. Im großen Ess-Saal waren bereits zahlreiche Gäste lukullisch vereint; es ging aber schnell voran. Ein Platz wurde gefunden … der Appetit kam von selbst!
Nach dem Essen entschloss ich mich zu einem Kuppen-Rundgang mit Sehenswürdigkeiten, als da wären:
das Wolkenhäuschen, in dem Goethe am 10.12.1777 übernachtet haben soll, das Brockenhotel, die Brockenuhr, die Teufelskanzel, der Brockengarten, der Brockenbahnhof, Brockenwirt, das Nationalpark-Besucherzentrum Brockenhaus (Museum), der Brockenrundweg mit zahlreichen Rundumblicken. Dass ich diese Aufzählung in der Kürze der Zeit unmöglich schaffen konnte, muss ehrlicherweise erwähnt werden. Der bekannte Heinrich-Heine-Stein wurde vergessen. Wie peinlich!
Besondere Eindrücke:
Mein Herz schlug höher. Warum? Unterhalb der Brockenkuppe hatte sich ein fast lückenloses Wolkenmeer in seiner weißen Pracht gebildet, nur grüne Berge unterbrachen mit ihren Spitzen diesen Farbton. Nun war Fantasie angesagt! Ich sah ein Schiff mit grünen Segeln daherziehen. Eventuell war es die „Alexander von Humboldt“ vom fernen Martini-Anleger? Die Wirklichkeit hatte mich alsbald wieder im Griff. Mittlerweile näherte sich ein Heißluftballon, vom Torfhaus kommend, über die Kuppe und zog Richtung Osten relativ schnell über unsere Köpfe hinweg. Trotz Zeitdrucks gelang mir ein Foto.
Im November 2011 durfte ich mit einer Wandergruppe stundenlang ein Wetterleuchten um den Brocken bewundern. Wir übernachteten damals im Hotel. Und nun diese Perspektiven!
Kurzer Plateau-Bericht im Rückblick (2016):
„Steinige Gebilde wiesen uns auf berühmte Harzreisende, auf Dichter und Denker hin. Am Heinrich-Heine-Stein, zur Hälfte mit Schnee bedeckt, ließ ich mich fotografieren.
In dem stabilen Wolkenhaus mit dem Goethe-Konterfei soll der Dichter genächtigt haben. Die Entfernungen vom Brockenstein zu anderen Orten waren nicht mehr auszumachen. Der Schnee hatte alles bedeckt.“
Und genau hier setzt nun mein Bericht, mein Erlebnis vom 25. Januar 2020 ein.
Diesmal lag kein Schnee, die Entfernungsplatten waren gut lesbar, sodass ich einige Kilometer-Zahlen notierte; von der Brockenkuppe aus in tiefer gelegene Städte, Gebirgszüge.
Von 49 Ortsentfernungen gebe ich 20 an:
Bremen (188 km), Helgoland (323 km), Hannover (87) km, Goslar (18 km), Deister (Gebirgszug bei Hannover, 91 km), London (747 km), Torfhaus (6 km), Brüssel (450 km), Madrid (1673 km), Wartburg (oberhalb von Eisenach, 95 km).
Kurze Pause!
Kyffhäuser (Gebirge südlich des Harzes, 55 km), Wien (570 km), Halle/Saale (100 km), Warschau (715 km), Wernigerode (13 km), Berlin (205 km), Magdeburg (79 km), Helsinki (1299 km), Ilsenburg (8 km), Elm (Gebirgszug bei Braunschweig, 45 km).
Im Museum (Brockenhaus):
Die persönliche Begehung begannen wir aber gemeinsam und erwartungsvoll um 14:00 Uhr, wobei ich gleich auf meine ausführlichen Zeilen aus dem Jahre 2016 verweise (Brockenmärchen/Tagestouren).
In einem neu gestalteten Raum geht das Museum auf die unverkennbaren Veränderungen ein. Sogar die Bremer Presse (Weser-Kurier) hatte von diesen aktuellen Erweiterungen berichtet. Die Entwicklung vom Wirtschaftswald zur „Wildnis“ wurde aufgezeigt. Die zahlreichen vom Borkenkäfer abgetöteten Fichten überlässt man der Natur. Neue Vegetationen entstehen. Der Brockenwald – ganz einfach ausgedrückt – wird sich regenerieren.
Vor dem Ausstellungskomplex wurde zur Verdeutlichung der Teil eines Totholzstammes nachgebildet. Ein teilweise geöffneter Stamm mit Erde, Moos. Das Abgestorbene lässt Einblicke in neues Leben zu! Allein hier hätte ich mich stundenlang aufhalten und kundig machen können.
„Café Hexenflug“:
Im Museum gibt es das sogenannte „Café Hexenflug“! Klein, überschaubar, mit Kaffee und wechselnden Kuchensorten. Mehr brauche ich wohl nicht zu erwähnen?
Auf der Kuppel:
Ein Kuppelbesuch der besonderen Art stand noch bevor. Die schmale Treppe musste ich erst etwas hilflos erfragen. Die weithin sichtbare weiße Kuppel versteckte vor der Wende Spionage-, also Abhörgeräte der früheren Stasi. Der „Klassenfeind“ musste ja bei Tag und Nacht überwacht werden.
Die weiße Rundung kann begangen werden. Die Ausblicke beschrieb ich bereits, der Fotoapparat wurde aktiviert. Diesmal gab es den „Heinrich-Heine-Stein“ von oben.
So ganz zum Abschluss nahm ich kurzerhand nach dem Verlassen vor der Brockenhexe Platz. Klick! Das war es!
Rückfahrt:
Gegen 16:20 Uhr erfolgte die Rückfahrt, bei der die Reservierungen noch Bestand hatten. Die Annehmlichkeit mit den schönen Ausblicken setzte sich fort. Nun zog uns die Lok mit der Nummer 99 72 40-7 rückwärts den 1142 Meter hohen Berg hinunter. Die Nummer hatte ich mir notiert.
Ich möchte rückbetrachtend auf die Station „Steinerne Renne“, einen kleinen Bahnhof, hinweisen. Hier wurde 1899 ein Wasserkraftwerk errichtet. In Wernigerode erklärte mir noch der aus der Lok blickende Zugführer die Rückwärtsfahrt. Die Brockenfläche bietet einfach keinen Platz für irgendwelche Wendemanöver.
Gegen 20:30 Uhr erreichten wird die Hansestadt. Das Flachland hatte uns wieder.
Gedankensplitter / Tipps / Sonstiges:
- Gedankt sei den politischen Umständen, die zur Wende, ganz gewaltlos, und somit auch zur „Brockenbefreiung“ führten.
- Setzt bei einem Brockenbesuch nur wenige Schwerpunkte, sonst wird es einfach zu viel.
- Mein geplanter dritter Brockenbericht mag wohl vom „Wintermärchen“, dem „Winterzauber“ zu einem „Sommererlebnis“ übergehen, frei nach dem Motto: „Dreimal ist Bremer Recht!“
- Gedankt sei wiederum unserem sicheren Fahrer und Organisator Florian Scheiba.
- Mein kleiner NABU-Bericht sollte nur neugierig machen, mehr nicht.
Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Der Brocken erwartet euch!
(Günter Hoffmeister)
NABU-Mitglied
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